Sonntag, 15. November 2015

SONNTAGSPOST | Über diese Welt und meine Sinnkrisen.


Diese Welt ist großartig, sie ist voll von schönen Dingen, attraktiven Menschen, neuer Technik und Kleidung, hübsch drapiert auf weißen Tischchen, oder solchen mit Marmorierung. Diese Welt ist ganz oft farbenfroh und in letzter Zeit sehr schwarz-weiß. Und ganz, ganz oft ist diese Welt nur ein Ausschnitt, quadratisch, praktisch, gut, wunderschön anzusehen, mit viel Arbeit und Aufwand dahinter, nur um ein Image zu wahren, um erfolgreich zu sein oder zu werden.

Diese Welt hat keinen dauerhaften Platz für Hässlichkeit, für die Realität, für das was uns tief im Herzen bewegen könnte, diese Welt hat keinen Platz für Misserfolg und zu viel Ehrlichkeit. Es ist eine Welt, in der du dich nur ungeschminkt zeigst, nur ehrlich bist, wenn du sowieso schon erfolgreich bist. Eine Welt, in der man schnell untergeht, sich verliert in einem Strudel aus Arbeit, falschen Zielen und vielen Eindrücken, die alle irgendwie gleich sind, eine Welt, in der es oft nur darum geht, früher zu erkennen, was Trend ist, als alle anderen. Eine Welt, in der man nicht wie alle anderen sein darf, aber auch nicht zu alternativ sein soll.

Und irgendwo in dieser Welt bewegen wir uns, klein, aber wir sind da, ein Teil, der Samen einer Pusteblume, der irgendwo versucht, Fuß zu fangen und ein Löwenzahn zu werden. Eine Welt, in der man wissen muss, wo es lang geht, eine klare Linie und Ziele zu verfolgen hat, wenn man bestehen will.

Und wenn wir nicht Fuß fassen können?

Dann treiben wir, irgendwo in der Luft, werden mal von dem Sturm mitgerissen, und dann wieder vom anderen, kein klares Ziel vor Augen, weil sich alles so schnell dreht, alles ist zu monochrom, und alles ist schwarz-weiß, und wenn man schwarz-weiß liebt, ist es doch zu schwarz-weiß, zu klar, zu unecht? Nein. Zu schnell, zu unübersichtlich? Nein. Zu ungenau, zu fremd? Nein.

Irgendwo im Wind sind wir gefangen, in einer aussichtslosen Suche nach dem Sinn hinter all dem, hinter dem, was wir tun, neben dem, was wir Leben nennen. Teil des Lebens? Oder haben wir schon unser Leben um den einen Teil gebaut? Sind die Mauern schon zu hoch, um sie wieder abzureißen? Sollten wir die Mauern abreißen, nach all der Zeit, die wir sie hochgezogen haben? Oder ist es nur Zeit, die Mauern zu verputzen und eine hübsche Farbe im Baumarkt auszusuchen?

Oder ist es Zeit, die Mauern als Fundament zu betrachten und anders weiterzubauen?
Mit mehr Sinn, mit eigenen Zielen, mit dem, was wirklich ist, nicht mit dem, was Trend ist, was Trend werden könnte, was uns zwar wichtig ist, aber eigentlich doch gar nicht so, wie es wirkt. Mit weniger Pflicht und mehr Wahrheit? Nicht nur mit Liebe, sondern vielmehr auch mit Leidenschaft? Mit allem, was in uns brennt, damit wir das Feuer noch höher lodern lassen können?

Irgendwo treiben wir im Wind, zwischen all den Fragen, und ohne Ziel vor Augen zu haben, weil wir schnell in eine andere Richtung abdriften, uns verlieren und aus dem Sichtfeld des anderen entfernen könnten. Verloren in Details, die nicht wichtig sind, übersehen wir die, die es doch sind. Was ist überhaupt wichtig, und ist das wichtig was wir jetzt gerade tun? Wir glauben so viel, wir lieben so viel, wir sind voller Hoffnung und doch fallen reißt uns der nächste Sturm mit in seine dunklen schwarzen Wolken, ohne jede Vorwarnung, und wir fallen nicht tief, nein. Und trotzdem wird es schwarz vor Augen.

Zu viele Fragen, Fragen, die man nur stellt, in dieser Zeit zwischen Kind und Erwachsenen-Sein? Fragen über Fragen und zu wenig Antworten – eine Hilflosigkeit, wie sie nur diese eine Zeit bringt? Und trotzdem fühlen wir uns verloren in dieser Dunkelheit, verloren zwischen all den Fragen, all den Richtungswechseln, all den Details und all dem, was wichtig oder unwichtig sein könnte. Verloren, ohne jeden Sinn, ohne Ziel und ohne einen klaren Gedanken, dafür mit viel Sorgen, ein wenig Zukunftsangst, okay gut, geben wir es zu, viel Zukunftsangst.

In einer Zeit, in der Zeit das Kostbarste ist, was ein Mensch, ein Leben zu bieten hat, wer könnte da keine Zukunftsangst haben bei dem Gedanken, seine Zeit verschwenden zu können? An die falschen Dinge, die falschen Menschen, die falschen Gedanken?

So viele Fragen sind offen, als wir von der Dunkelheit ins gleißende Sonnenlicht gestoßen werden; der Wind hat aufgehört und wir treiben trotzdem weiter. Wir fühlen uns alt, und doch noch ganz jung, als wären wir wieder irgendwo dazwischen, und gleichzeitig: Sind wir nicht zu erwachsen für so etwas wie Sinnkrisen?

Und warum stecken wir dann mitten in einer?


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written by Casey.

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