Sonntag, 9. November 2014

Von Jeffrey Campbells und Obdachlosen

Jeffrey Campbell Litas via Zalando // deco cages - IKEA
Nach einem langem harten Tag in der Arbeit noch Erledigungen zu machen, wenn um fünf Uhr abends schon die Nacht anbricht und ein unangenehmer Nieselregen alle Menschen die Schirme aufspannen lässt… Darüber könnte man sich fast aufregen, aber ich war unterwegs diese hübschen Schuhe für Eden bei der Post abzuholen. Also stieg ich vorfreudig in die Straßenbahn (landläufig Bim) mit meiner Jahreskarte in der Tasche und ergattere sogar noch einen Platz.

Mir gegenüber sitzt ein Herr im mittleren Alter, seine Kleidung wirkt abgetragen und zu kalt für dieses Wetter. Er wirkt nicht unbedingt ungepflegt, aber auch nicht annähernd frisch gewaschen, also tippe ich auf obdachlos. Rechts von mir sitzt eine ältere Dame, die denselben Eindruck macht.

Plötzlich bekomme ich ein schlechtes Gewissen – gerade noch wollte ich mich über meinen ach-so-anstrengenden Tag und darüber beschweren, dass ich 180-Euro-Schuhe holen muss. Mit leerem Blick starre ich in den dunklen Nieselregenabend hinaus.

Diese Situation hat mich wirklich zum Nachdenken gebracht. Wir neigen so sehr dazu, uns über jede Kleinigkeit zu beschweren, die uns gerade jetzt nicht passt, dass uns die größeren Probleme, die „allgemeinen“ unserer Gesellschaft nicht auffallen. Solange es uns nicht selbst betrifft, oder?

Eben nicht. Es sollte nicht egal sein, dass es Menschen bei uns gibt, in einem der reichsten Länder (Wirtschaftskrise hin oder her) der Welt, die im Regen auf der Straße sitzen und auf die Barmherzigkeit und Großzügigkeit der egoistischen und geldgeilen Menschen, die achtlos an ihnen vorbeilaufen hoffen müssen. Und es darf nicht wahr sein, dass irgendjemand da draußen sich darüber beschwert, Schuhe für 180 Euro abholen zu müssen.

Fazit dieser zehn Minuten in der Straßenbahn: ich bin so froh, dass ich eine Arbeit habe, die es mir ermöglicht, so teure Sachen zu kaufen. Und ich bin froh, dass ich genau dieses Leben führen kann, das wir führen.

2 Kommentare:

  1. Very nice story. But were you successful in picking up the shoes?

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  2. Wirklich eine gute Geschichte, die einen tatsächlich nachdenklich stimmt. Probleme relativen sich so schnell, wenn man mit "echten" Problemen konfrontiert wird.
    Ich kann mich deinem Fazit nur anschließen, man muss froh sein, dass Leben so führen zu können, wie man es tut.

    Liebst,
    the Curious Girl

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