Sonntag, 7. Februar 2016

BOOK | Ein Winter mit Baudelaire


Dass man mitunter Gesichter verwechselt, hat seinen
Grund darin, dass das wirkliche Bild verdunkelt wird
von dem geistigen Bild, das ihm entspringt.
- Charles Baudelaire -

Eine anstrengende Woche war vorbei, der Schreibtisch noch immer voller unerledigter Dinge, die am Montag auf mich warten würden. Ich habe wirklich keine Lust mehr auf Menschen, versuche in der überfüllten Straßenbahn meinen Kopf frei zu bekommen und an nichts zu denken. Ruhe mitten im lärmenden Schulschlussverkehr. Und dann bleibt mein Blick an ihr hängen. Der Maulkorb stört sie sichtlich und sie schenkt ihrem Herrchen noch einen vorwurfsvollen Blick bevor sie sich unter seinen Sitz legt.
Seine Kleidung ist abgetragen, die Haare länger, ungepflegt und doch ist er mir sehr sympathisch, wie er seine Hündin liebevoll anlächelt. Später erzählt er mir, dass sie wohl irgendwann einen Psychologen nötig haben würde, weil er sie vom Welpenalter an Katze nennt und mit miau anspricht.
Wir wussten nichts voneinander und hatten auch nichts gemein – auf den ersten Blick. Ich mit meiner Tüte eines teuren Modehauses, er, ein wenig ungepflegt und mit einer Katze unterwegs, die doch ein Hund geblieben ist. Momente, die das Leben für mich lebenswert machen.
Mehr dieser Momente findet ihr in Harold Coberts Ein Winter mit Baudelaire.

WORUM GEHT’S?
Frühlingshafte Temperaturen leiten den Herbst ein, als Philippes Leben auseinanderbricht. Als seine Frau ihn aus der Wohnung wirft und ihm zu allem Überfluss verbietet, seine geliebte Tochter zu sehen, verliert er den letzten Halt im Leben. Eins führt zum anderen und plötzlich steht er auf der Straße da, ohne Familie, ohne Arbeit, ohne Wohnung, ohne Geld. Und gerade, als er ganz unten angekommen ist, begegnet er Baudelaire.

Als fahl der Morgen anbricht, hat er nur ein paar
Stunden geschlafen, Stunden so zersplittert wie zerschlagen.
- Seite 125 -

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MEIN SENF DAZU
Eine Geschichte, die mich sehr bewegt, auf persönlicher Ebene, weil sie wahr ist. So wahr, obwohl nicht auf einer wahren Geschichte basierend. Für viele tausend Menschen, Millionen Menschen weltweit ist diese Geschichte tägliche Realität. Harold Cobert hat es geschafft, dieses emotionale Thema auf literarisch wertvolle Art zu behandeln, ohne etwas überzudramatisieren oder zu beschönigen.
Ich liebe Coberts Charaktere, auch wenn sie an manchen Stellen sehr in ein Gut-Böse-Klischee geraten, sind sie doch einfach menschlich, was mir vor allem Philippe unglaublich ans Herz wachsen ließ. Und natürlich Baudelaire. Der gute Baudelaire mit seinen Faxen.
Außerdem mag ich Paris als Schauplatz sehr gerne. Paris ist eine Weltmetropole und dementsprechend hoch sind nicht nur die Mietpreise sondern auch die Zahl jener, die kein Dach über dem Kopf haben. Ich mag Coberts Schilderungen der Stadt der Liebe, die viel weniger verklärt sind, als in vielen anderen Erzählungen. Denn Paris ist einfach so viel mehr als Bokeh-Bilder vom Eiffelturm bei Nacht und große Modemarken – auch wenn mir das schon sehr viel früher bewusst war.
Der Inhalt an sich – da kann ich nichts aussetzen, das wäre vermessen. Er ist, wie diese Welt und dieses Leben nun mal sind. Ein sehr ernsten Thema, das mich tief bewegt – und nicht erst seit diesem Buch. Ich bin wirklich kein emotionaler Mensch. Ich bin aber relativ vorurteilsfrei, das war schon immer so und bis heute würde ich andere nie für ihr Aussehen oder das, was sie tun verurteilen. Ja, auch wenn jemand auf der Straße lebt. Jeder Mensch hat seine Geschichte, und es ist diese Geschichte, die dazu führt, das er das Leben führt, das er nun mal führt. Nur ganz selten ist es der Charakter des Menschen.

Es ist eine dieser kleinen, weisen Geschichten, voller Poesie und Wahrheit, die ich so sehr liebe. Die mich dazu motivieren, etwas zu ändern, weil oft schon ein Lächeln helfen kann.


Autor: Harold Cobert
Titel: EIn Winter mit Baudelaire
ORIGINALTITEL: Un Hiver Avec Baudelaire
Genre: Roman
Erschienen: 2009
Verlag: Verlagsgruppe Weltbild GmbH
Umfang: 286 Seiten
ISBN: 978-3-86800-994-1



I'm so sorry for you guys, but you should definitely read this book if you speak German or French. It's really worth reading it, this book contains one of these small wise stories, full of poetry and truth, which I love so much. A story which motivates me to change something, because sometimes a little smile can make the difference for someone else. 

written by Casey.

2 Kommentare:

  1. tolle buchvorstellung, sicher werde ich dieses buch auch bald einmal lesen <3

    xx, laura :*

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  2. Klingt wunderbar <3

    Allerliebste Grüße,
    HOLYKATTA || INSTAGRAM

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