Sonntag, 14. Juni 2015

SONNTAGSPOST | I am responsible.


Ich halte mir die Nase zu und presse die Augen fest zusammen. Ich will nichts sehen, ich kann nicht hinsehen, als ich springe, und wenige Sekunden später ins eiskalte Nass eintauche.

Ich schrecke aus dem Schlaf hoch, mein erster Blick auf die Uhr, scheiße, vergessen einen Wecker zu stellen, ich hätte vor einer halben Stunde aufstehen sollen. Panisch hetze ich durch die Wohnung, mein Frühstück schlinge ich auf dem Weg vom vierten Stock zur Straßenbahn hinunter. Frisur im Eimer, kein Make-up, Bauchschmerzen und Seitenstechen. Gerade noch rechtzeitig in der Arbeit.

Mittwochabend, es ist kurz nach neun, die Augen fallen mir fast zu. Irgendwie ist es mittwochs immer besonders anstrengend. Ich wähle die Nummer meines Dads, zehn Minuten später rede ich mit meiner Mam. Keine Ahnung, worüber wir gesprochen haben, Pflicht erfüllt.

Endlich Wochenende, eine Bekannte feiert Geburtstag, ich überlege, welcher es denn ist, wir kennen uns noch nicht so lange. Lächeln. Small Talk. Ich weiß, ich bin mies darin, aber ich bin gut in anderen Dingen. Wir stürmen die Tanzfläche, ich fordere sie auf, mitzumachen, sie lachen über mich, aber es macht ihnen trotzdem Spaß. Ein Tag der um halb sieben Uhr morgens begonnen hatte, endet auch so. Halb sieben Uhr morgens. Der Wecker für heute ist um zehn Uhr gestellt. Keine Zeit zum Schlafen.


Ich fühle mich verantwortlich. Ich habe die Verantwortung, rechtzeitig bei der Arbeit zu sein, ich könnte sie verlieren. Was dann? Ich fühle mich verantwortlich dafür, nicht nach unten zu sehen, ich habe richtig Höhenangst, nicht bereit, ihr in die Augen zu sehen. Ich trage die Verantwortung für die Beziehung mit meinen Eltern, sie sollen nicht enttäuscht von mir sein. Ich will feiern, tanzen, leben. Ich muss es tun, ich bin doch jung, und es wirklich etwas, das ich liebe. Aber ich bin auch verantwortlich dafür, einen Wecker zu stellen, damit der nächste Outfitpost nicht ohne Fotos kommt.

Ich bin verantwortlich. Nicht nur für mich. Nicht nur mein Leben ist von meinem Leben betroffen.

Aber manchmal will ich die Augen auch weit aufreißen, laut schreien, früher schlafen gehen und fünf Minuten zu spät kommen. Ich will keinen Small Talk, ich will echte Gespräche. Ich will keine Pflichten, ich will die volle Dröhnung Leben. Ich will bis in den Sonnenaufgang Party machen und einfach ausschlafen. Keine Verantwortung, keine Pflichten.

Einfach mal raus aus meiner Haut, und jemand anders sein, der doch zu hundert Prozent ich bin. Nur ein bisschen freier. Ein bisschen nahbarer. Ein bisschen echter. Und ein bisschen lauter. Aber auch leiser, dann, wenn ich es sein will.








I hold my nose and close my eyes. I don’t want to see it, I’m not able to have a look, as I jump, and few seconds later I douse into freezing water.

I start from my sleep, my first look on the watch, fuck, I forgot to set the alarm, I’m half an hour too late now. I hurry through the flat, panicked; I gobble my breakfast on the way from the fourth floor to tram. Hair is completely out of control, no make-up, stomach ache and side stitch. Barely on time for work.

Wednesday evening, is nearly nine o’clock, I can hardly keep my eyes open. Somehow Wednesdays are especially exhausting. I dial the number of Dad, ten minutes later I’m talking to Mum. I’ve got no idea, what we we’re talking about, I’ve done my duties.

Finally weekend, an acquaintance celebrates birthday, I think about how old she’s now, we don’t really know each other. Smiling. Small Talk. I now, that I’m not really talented in these things, I’ve got other qualities. We conquer the dancefloor, I request them to dance with me, they’re laughing about me, but still – they’ve fun now. A day which began at half to seven ends the same time. Half to seven in the morning. The alarm is set for ten o’clock. No time for sleep.


I feel responsible. I have the responsibility to be at work on time, otherwise I could lose it. What then? I feel responsible not to watch down, I’m really scared of heights, not ready to face this fear. I bear responsibility for the relationship with my parents. They shouldn’t be disappointed. I want party, dance, live. I have to, I am young, and it’s something I really love.

I am responsible. Not only for me. Not only my life is concerned by my life.

But sometimes I wan’t to open my eyes widely, scream as loud as I can, go to bed early and come five minutes too late. I don’t want small talk, I want real conversations. I don’t want duties, I want to get stoned of life. I want party ‘til sunrise, and simply lie in. No responsibility, no duties.

Just get out of my skin, be somebody else, completely different but still hundred percent me. Just a little bit freer. A little bit more approachable. A little bit truer. And a little bit louder. But also quieter, when I want to be it.

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